veröffentlicht von karo am 26. April 2017

Wir nennen sie Tragehilfenpolizei.
Jene Menschen, die sich in den sozialen Netzwerken, oder im realen Leben über ahnungslose Eltern beschweren, die im Besitz einer sogenannten ‚Gruseltrage‘ sind, oder gar eine ’schlecht‘ eigestellte Tragehilfe haben.
Was ist eine Gruseltrage überhaupt?
In letzter Zeit hat sich dieser negative Begriff leider verfestigt und steht für eine Tragehilfe, die semi-optimal für den Tragling ist, ohne dass es darüber medizinischen Studien, oder Belege gibt. Aus diesem Grund möchten wir den Begriff ‚Gruseltrage‘ gerne streichen 🙂
Eltern ungefragt auf der Straße anzusprechen, Ratschläge und manchmal verletzende Kommentare von sich zu geben, warum man z.B. die Kopfkante nicht so straffen sollte und weshalb die angelegte Trage absolut nicht die Richtige sein soll, ist ebenfalls keine Seltenheit mehr, auch wenn betroffene Personen vielleicht wirklich nur helfen möchten. – Keine Beratung ohne Auftrag, denn auch Ratschläge können Schläge sein!
Tragen ist schön. Die Kinder profitieren immer von der Nähe des Trägers und dabei ist es zweitrangig, wie und womit überhaupt getragen wird.
Diese kleine Einleitung bringt uns auf unsere tolle Kollegin Laura, die passend zu diesem Thema einen ganz persönlichen Beitrag verfasst hat, den wir unbedingt mit Euch teilen möchten:
Ich wollte gerne einen kleinen Denkanstoß geben zum Thema "ansprechen anderer Mütter wenn sie falsch/komisch tragen".
Die letzten Tage sind mir so einige Beiträge über den Weg gelaufen in denen Mütter traurig waren, weil jemand ungefragt Kritik äußerte, ohne zu wissen warum sie vielleicht gerade so trägt.
Wir hatten heute einen "bad-carry-day" 😄
Meine Zwillinge klettern momentan während des Schiebens aus dem Fahrradanhänger (nutzen ihn als Kinderwagenersatz). Anschnallen ist für mich keine Option, da sie dann durchgehend brüllen. Also habe ich heute das Experiment gewagt, dass wir nach der Kita nach Hause laufen, ca 1km.
300m haben wir geschafft, dann ging nichts mehr. Also schnell in einen eingezäunten Bereich von einem Mehrfamilienhaus, damit sie mir nicht abhauen und auf die Straße rennen.
Zwilling 1 geschnappt, ab in den Onbuhimo, zack auf den Rücken. Kind schreit und strampelt weil inzwischen alles doof war. Da war also nix mehr mit Beutel - keine Chance. Zwilling 2 rennt los also hinterher. Nach ein paar Schritten hat sich Zwilling 1 im Onbu beruhigt und angekuschelt.
Also Zwilling 2 geschnappt. Ab in den Flip.
Oh Mist!
In der Aufregung hab ich mein Vorne-Kind auf den Rücken genommen und musste nun den kleinen Mann vorne einbinden der das partout nicht mag und eigentlich auf meinem Rücken wohnt. Na gut was solls. Also Kind irgendwie in den Flip rein. Hmm.. irgendwas ist komisch, aber keine Zeit und Ruhe zu korrigieren. Zwilling 2 strampelt und schreit. Da wir laufen wollten hatten sie natürlich die dicken Schneeanzüge an und ich die rutschige Winterjacke. Super!
Und da ging ich nun:
Zwilling 1 auf den Trägersträngen vom Onbu hängend, an der Nackenkante fast aufgehängt.
Zwilling 2 schief im Flip. Die Träger konnte ich nicht festziehen, weil ich dank Wintermontur nicht mehr an die Schnallen gekommen bin. Der Brustgurt hat mich im Nacken fast erwürgt, weil er sich in meiner Kapuze verheddert hat.
Zu Hause angekommen habe ich dann festgestellt, dass ich in der Hektik vergessen habe die Beine von Zwilling 2 durch die Träger zu stecken (wir tragen noch mit Trägern am Hüftgurt).
Und so ging ich nun und dachte "hoffentlich sieht mich keiner...hier stimmt gerade nichts. Und ich bin Trageberaterin - wie peinlich"
Aber wisst ihr was das Wichtigste war? Meine Jungs waren zufrieden! Wir konnten nach Hause gehen, ohne Schreikrämpfe und drohenden Nervenzusammenbruch bei mir. Meine Jungs haben gekuschelt und sind entspannt zu Hause angekommen.
Wenn mich da jemand angesprochen hätte um mir zu sagen was ich alles falsch mache und dass ich doch mal eine Trageberatung machen sollte, ich glaube ich wäre in Tränen ausgebrochen.
Mir kribbelt es auch manchmal in den Fingern etwas zu sagen wenn ich jemanden sehe, der irgendwie ganz komisch trägt, aber dann denke ich an solche "bad carry days" wie bei uns, schaue ins Gesicht des zufriedenen Babys und freue mich, dass es überhaupt tragend die Welt erkunden darf 😊
Laura, MamaMotion-Team Hamburg